“Schmetterlinge aus Marzipan”
Es ist inzwischen ein Jahr her, seit ich mich von meinem Mann getrennt habe und mit meinem fast erwachsenen Sohn ausgezogen bin. Seitdem blase ich so sehr Trübsal, dass es meine Freundin Kirsten schließlich nicht mehr ausgehalten und mich bei einer Partnersuchagentur im Internet angemeldet hat.
Während ich mich eher schlecht als recht mit dieser neuen Aufgabe herumschlage, Briefe mit fremden Männern zu wechseln, ergibt sich überraschend eine berufliche Veränderung: Ich bewerbe mich Hals über Kopf auf ein Praktikum in einer Konditorei.
Obwohl oder auch gerade weil ich als Krankenhaussekretärin einen komplizierten Chef habe, bekomme ich tatsächlich vier Wochen unbezahlten Urlaub und beginne das Praktikum.
Zunächst sieht es aus, als sei ich nach dem grässlichen Oberarzt mit dem mürrischen Konditor vom Regen in die Traufe gekommen, doch die Arbeit in der Backstube liebe ich vom ersten Augenblick an.
Während ich dort eine Menge lerne, beginnen mir meine Männerbekanntschaften über den Kopf zu wachsen: Ich treffe Internetmänner, lerne den großen Bruder der Freundin meines Sohnes kennen (das klingt genauso kompliziert, wie es tatsächlich ist), der sich verrückterweise in mich verliebt, und stolpere zu allem Überfluss durch einen Zufall und einen Backunfall, den nicht ich verursacht habe, auch noch in eine Selbstständigkeit als Konditorin von „Torten nach Maß“.
Hatte ich außerdem erwähnt, dass mein Sohn gerade Abitur macht und meine Freundin Sonja überraschend schwanger geworden ist und kreuzunglücklich, weil der Kindsvater weit entfernt davon ist, sich zu freuen?
Ich beklage mich auf gar keinen Fall, dass mein Leben nach viel zu vielen Jahren im Winterschlaf plötzlich so an Tempo zugelegt hat, aber ich habe wirklich alle Hände voll damit zu tun, nicht völlig den Überblick zu verlieren.